Sonntag, 27. April 2014

Sonntags 10 von 10

10 gute bzw. schlechte Dinge der Woche: 
 
1. Lillis erster Zahn blitzt durch.


2. Babyspielzeug ausgemistet und gleich weiterverschenkt




3. Drei Babyschlafsäcke für 60 Euro bei ebay verkauft
 
4. Besuch aus Italien! Meine wunderbare Freundin mit Mann und Baby ...

5. Mit Lilli und Greta ein Picknick im Park gemacht.


6. Greta fürs Picknick beim Bäcker einkaufen lassen. Als sie zurückkam, zeigte sie mir stolz, dass sie 5 Butterbrezeln und eine normale statt der von mir bestellten 2 Butterbrezeln gekauft hatte. "Wir machen doch ein Picknick! Da hat man viel Hunger!"

...Noch stolzer war sie allerdings, dass sie das alles für 3 Euro bekommen hatte!

7. Über Lilli und Greta in der Badewanne gelacht, als beide versuchten, das Wasser wie die Hunde auszusaufen.

8. Lilli zeigt jetzt deutlich ihren Willen und wird ziemlich wütend, wenn sie ihn nicht bekommt. Sie ist ein richtiges kleines Kind geworden.

9. Mal Zeit für mich gehabt... Am Fluss gesessen und lange nachgedacht. Von unseren Großeltern ist jetzt keiner mehr da.

  10. Von einem alten Freund auf der Straße auf meine mehr werdenden grauen Haare angesprochen worden.

Donnerstag, 24. April 2014

Muss man als Mama eine Heilige sein?



Als ich kürzlich bei einer Freundin zu Besuch war, gebrauchte ich beim Mittagessen ein ganz und gar unerlaubtes Schimpfwort. "So ein A....!", sagte ich.
"Pssst!", sagte meine Freundin.
"Pssst?" Zuerst wusste ich gar nicht, was sie meinte. Der "A..." war doch gar nicht da. Dann erst wurde mir klar, um wen es ging. Da waren ja noch die Kinder mit am Tisch.

Ihre beiden, meine beiden....

Ich fluche oft, wenn ich mich ärgere.
Auch vor Greta und Lilli.
Komischerweise übernimmt Greta davon rein gar nichts. Der Wortschatz meiner Tochter ist bisher schimpfwortfrei geblieben. "Du bist blöd!" war bisher das Schlimmste, was ich von Greta gehört habe. (Lilli kann bisher nur "Nein", "Mama" und "Papa" sagen. Fürs Fluchen ist sie noch zu klein.)
Vielleicht ändert sich das ja noch. Bei der Mama!

Mein Mann schätzt meine Flucherei auch nicht. "Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass zwei deiner Blogartikel vulgäre Wörter im Titel haben?", fragte er mich erst gestern. (Über eine "Preißnsau", den "Herrn Pfarrer" und Gretas Kindergarten)
(Das interessiert doch keine Sau!)

Stimmt. Gehört sich nicht. Aber... ich brauche das Fluchen. Wenn ich sauer bin, hilft es mir verbal Dampf abzulassen. Und das geht auf keinen Fall, indem ich "Mist!" sage. Wenn was richtig schlimm ist, bleibt nur "Sch...".
Dass man vor Kindern nicht fluchen darf, finde ich Unsinn. Ich trinke auch Kaffee, Bier, Sekt und Wein und Greta sieht mich dabei. Sie mag dennoch keinen Kaffee oder Alkohol trinken. Und nur weil Mama flucht, muss Greta trotzdem nicht fluchen. Hat sie bisher noch nicht einmal versucht.

Als Mutter muss man eine Heilige sein. Eine Kollegin erklärte mir mal beim Skifahren, ab jetzt müsse ich einen Helm tragen, ich sei jetzt MUTTER und habe VERANTWORTUNG!
Helm tragen. Vorbild sein.
Ja, ich bin Mutter, habe auch Verantwortung, bin aber auch Mensch und als solcher gerne auch mal helmfrei. Ich bin nicht perfekt.
Wenn Greta mich fluchen hört, erkläre ich ihr manchmal, dass das nicht so gut ist, was ich da gerade gesagt habe. Manchmal schaut Greta mich auch gleich nach dem Fluchen an, grinst und sagt: "Das sagen wir doch nicht, Mama!" Da hat sie verdammt recht. Irgendwie. "Sch..." sagt man nicht.

Auch wenn ich sie mal anschreie, nur weil mir der Geduldsfaden reißt, weil grad etwas ganz blöd gelaufen ist, sage ich ihr, dass das jetzt nicht in Ordnung war.
Ich habe das Gefühl, Greta kann ganz gut damit leben. Ihre Mama trinkt Kaffee, konsumiert Alkohol, flucht und schreit manchmal, obwohl sie eine geduldige Mutter sein möchte.

Nein. Greta kommt nicht nur gut klar damit, sie scheint mir sogar froh zu sein, dass die Mama Fehler macht und gar nicht perfekt ist.

Dass ihre Mama sich auch mal entschuldigen muss, findet Greta sogar ganz großartig.

Kurz nach dem Mittagessen sagte die Tochter meiner Freundin zu ihrer kleinen Schwester: "Du Dummkopf!"

Hab ich mich gefreut.

Sonntag, 20. April 2014

Sonntags 10 von 10

10 gute bzw. schlechte Dinge der Woche:

Diesmal neun gute Dinge und eine ganz traurige Nachricht 

1. Lilli und Greta haben im Wohnzimmer mit Kirschkernen "Schütten" gespielt.



2. Mit Greta in der Küche getanzt und gesungen.
3. Kinderkleidung bei ebay eingestellt.
4. Alte Freunde auf dem Land  besucht.



5. Unsere Kinder haben sich bei unseren Freunden gut benommen, keine Wutanfälle gehabt und sind abends sofort eingeschlafen.

6. Greta durfte dort mal ganz lange und weit dem Fahrrad fahren.

7. Ich habe ein Kleid für Greta im Schaufenster eines Secondhandshops gesehen und im Vorbeiradeln gekauft (Drive Through Second Hand Shopping).


8. Endlich eineinhalb Kilo abgenommen, obwohl ich diese Woche zweimal Fastfood gegessen habe.


9. Mit der ganzen Familie und allen Kindern beim Onkel im Garten gegrillt und Ostern gefeiert.

10. Gretas und Lillis Urgroßvater ist gestorben. Er wird uns sehr fehlen.

Samstag, 19. April 2014

Über eine "Preißnsau", den "Herrn Pfarrer" und Gretas Kindergarten



"Also deinen Blog mag ich ja, aber der Artikel Greta und die Religion  stellt dich in einem unmöglichen Licht dar", sagte mir meine Münchner Freundin gestern am Telefon. "Das kann wirklich kein Mensch nachvollziehen, der nicht aus Bayern kommt. Mein Mann (ein Finne, Anmerkung der Autorin) sagt, du bist verrückt, dass du dein Kind in so einem Kindergarten gehen lässt! Wie kannst du Greta da weiter hinschicken? Die haben doch einen an der Waffel!", schimpfte sie weiter.

Meine Freundin ist eine richtige Bayerin, ich nicht. Ich bin bloß "zugroast" (zugezogen), wie die Bayern sagen. Bin zwar in München geboren, aber meine Eltern sind aus Norddeutschland.  Genau genommen bin ich daher ein Preiß!

Das habe ich schon im Kindergarten erfahren. Dort wurde mir nämlich immer dann, wenn ich versuchte argumentativ zu begründen, warum ich das Spielzeug noch ein bisschen behalten wollte, gesagt, ich sei halt ein "Preißenkind" und daher dürfe ich die Schaufel sowieso nicht haben. Als ich einmal ein anderes Kind darauf hinwies, dass ich in München geboren wurde, wurde mir kurz und knapp gesagt: "A Sau die im Kuhstoil auf d`Welt kemma is, is immer no a Sau!" (Ein Schwein, das im Kuhstall geboren ist, ist immer noch ein Schwein)

Ich bin also "a Preißensau".

An meiner Herkunft liegt es daher nicht, dass ich Greta in einen sehr katholischen Kindergarten schicke.
Für besonders katholisch halte ich mich auch nicht (siehe dazu auch Greta und die Religion ).

Aber der Kindergarten ist trotz dieses ganzen Karwochenwahnsinns (Dornenkrone im Gruppenraum, Kreuzweglieder, Kreuzweggottesdienst etc.) eine sehr gute Einrichtung.

Die Erzieherinnen sind sehr lieb zu den Kindern, die Leiterin kennt jedes Kind persönlich mit dem Namen und umarmt die Kinder sehr oft. Der Kindergarten selbst ist hell und freundlich eingerichtet. Einen großen Garten haben sie auch. Mitten in der Stadt. Reich war die katholische Kirche schließlich schon immer. Viele Häuser und Grundstücke hier in der Altstadt gehören dem Klerus. Warum dann nicht auch einen Riesengarten in Toplage? Spielen schließlich Kinder da.

Natürlich gibt es einige Dinge, die mir fremd sind. Aber insgesamt überwiegen für mich die Vorteile. Vor allem aber geht Greta wahnsinnig gerne dort hin. Jeden Morgen. Am Gründonnerstag hat sie uns schon um 7 Uhr aus dem Bett geworfen, weil sie jetzt sofort in den Kindergarten muss: "Der Osterhase kommt heute", rief sie aufgeregt.

Als ich dann im Kindergarten war, erklärte mir eine Kindergärtnerin voller Freude, der Herr Pfarrer käme heute und segne die Speisen. Die Ehrfurcht, die sie vor dem Herrn Pfarrer zu haben schien, erinnerte mich an meine Oma.

Nur, dass meine Oma 1926 in einem ganz kleine Dorf  im Westerwald geboren wurde, und damit einer ganz anderen Generation angehörte. Da war der "Herr Pfarrer" eben wirklich noch irgendwie wichtig im Dorf.

"Kommt der Osterhase auch?", fragte ich schnell, voller Sorge, dass Greta enttäuscht werden könnte.
Der Pfarrer ist Greta nämlich nicht so wichtig. "Ja, ja, der Osterhase kommt auch", sagte die Kindergärtnerin. "Gut", dachte ich.

Für Greta ist es egal, ob da eine Dornenkrone aufgebahrt im Gruppenraum liegt, oder nicht. Sie weiß nicht, was das ist, und es scheint ihr noch gar nicht aufgefallen zu sein. Als ich sie danach fragte, wusste sie jedenfalls nicht, wovon ich sprach. Der Osterhase dagegen war wichtig. Auch das Osterhasenlied, das sie diese Woche geübt haben:

2 kleine Hasen tanzen auf dem Rasen
hinter dem Haus
wackeln mit dem Schwänzchen
denn beim Hasentänzchen kennen sie sich aus


Greta  sang das Lied diese Woche mit der gleichen Inbrunst wie letzte Woche das Kreuzweglied. Sie tanzte dazu mit mir in de Küche und wackelte sehr lustig mit ihrem Popo dazu.

In Gretas Gruppe gibt es Kinder aus allen möglichen Ländern, wobei der Migrantenanteil insgesamt nur so hoch ist, dass die Migrantenkinder von den einheimischen Kindern sehr gut Deutsch lernen können. Es gibt Kinder aus allen Schichten. Einige Kinder aus sogenannten Wohlstandsfamilien, viel Mittelschicht und einige Kinder, bei denen man merkt, dass die Eltern finanziell und menschlich sehr zu kämpfen haben.

Die Kinder in Gretas Gruppe gehen sehr nett miteinander um. Die Größeren schauen ein bisschen auf die Kleinen und es gibt wenig Aggression zwischen den Kindern. Das merkt man schon daran, dass Greta keine Probleme hat, mit den unmöglichsten Kleiderzusammenstellungen (zwei Schals übereinander oder einen Schneeanzug bei 20 Grad oder ein Sommerkleid im Winter mit Strumpfhose und Pulli drunter) in den Kindergarten zu gehen. Sie wird dort ganz offensichtlich nicht ausgelacht.

Auch wenn sie ihr Schnuffeltuch mitnehmen will zum Schlafen und eine Babyflasche für ihr Wasser (Greta will immer noch ein bisschen Baby sein, seit Lilli auf der Welt ist, Vgl. dazu Schwestern). Keiner ärgert sie damit. Keiner grenzt sie aus. Keiner lacht. Und als "Preißenkind" ist sie auch noch nicht beschimpft worden. Was auch immer Greta jetzt ist, mit einer "zugroasten" (zugezogenen) Preißenmama und einem österreichischen Vater?

Außerdem ist der Kindergarten direkt in der Nachbarschaft. Wir treffen die Kinder aus Gretas Kindergarten auch am Spielplatz und da wird oft gleich weitergespielt.

Ich bin sehr froh, so einen Kindergarten für Greta gefunden zu haben.

Gretas Gruppe im Kindergarten besuchen sehr unterschiedliche Kinder. Sie lernt dort, dass es nicht allen Kindern so gut geht wie ihr. Sie sieht, dass es Kinder aus anderen Ländern gibt, die nicht die gleiche Muttersprache haben wie sie selbst.
Aber es gibt nicht allzu viele Kinder, die aggressiv sind, und denen man anmerkt, das zu Hause nicht gut mit ihnen umgegangen wird. Der Umgangston ist freundlich.

Schimpfwörter bringt Greta auch nicht mit nach Hause....
 Die könnte sie auch eher von ihrer Mama lernen!
 Aber dazu mehr in anderen Blogartikel.



Dienstag, 15. April 2014

Vom Eierlegen und Kinderkriegen




Ich wollte immer Kinder, hielt mich für jemanden, der gut mit Kindern kann. Babys fand ich nicht besonders. Nicht besonders süß. Ein Durchgangsstadium. Als wir beschlossen, ein Kind zu bekommen, war ich darum ein wenig durcheinander. "Ich will schon ein Kind, ja", sagte ich zu meiner Frauenärztin, "aber ein Baby? Und schwanger sein? Das will ich eigentlich nicht. Ich hätte gerne gleich ein Kind. Es sollte mindestens zwei Jahre alt sein."
Meine Frauenärztin war da sehr pragmatisch: " Eierlegen haben wir noch nicht erfunden!" Und später: "Ach das schaffen sie schon!"

Mir war 16 Wochen übel. Die ersten Monate hatte ich abends Stimmungstiefs, die mir ziemlich unheimlich waren, da ich ja nicht wusste, ob das je wieder besser würde. Wurde besser, war dann ganz weg. Aber trotzdem habe ich mich nie so toll, und glücklich und gesund und schwanger gefühlt, wie das immer in der NIDO steht. Ich fand Schwangersein oft einschränkend und lästig. Aber das Baby in meinem Bauch habe ich gemocht.

Gegen Ende der Schwangerschaft hatte ich Angst. Angst vor der Geburt und dem Baby, das dann da sein würde.
Mitten in unserem Leben.
Angst vor dem Baby, das möglicherweise nur rumschreien würde und uns zu übermüdeten sexlosen Eltern machen würde. Ich hatte soviel Angst, dass ich fast wollte, dass das Baby in meinem Bauch bleibt.

Das Baby in meinem Bauch mochte ich. Aber wie würde es sein, wenn es mal raus wäre. Würde ich es mögen? Und was war mit der Geburt? Würde alles gut gehen? Was, wenn das Kind nicht gesund wäre? Würde ich schreckliche Schmerzen haben? Besser nicht drüber nachdenken!

Und dann war das Baby da. Die Geburt war ganz OK. Nicht schön, aber immerhin mit glücklichem Ausgang. Greta kam in einem sehr heißen Juli zur Welt. Doch von dem Moment an, als sie auf der Welt war, fiel nur noch Regen.

Es war August. Und plötzlich sehr kalt und nass. Aber wir hatten ein niegelnagelneues Baby. Das gut roch. Meistens zumindest. Wir tranken viel Tee. Aßen sehr viele Nussschnecken. Und wir waren zu dritt zu Hause und hatten Zeit. Und unser Baby fühlte sich so normal an, wie der Regen, der vom Himmel fiel.

Und nach ein paar Wochen begann wieder der Alltag. Mein Freund ging wieder arbeiten. Greta und ich krochen durch die erste schreckliche Kinderkrankheit und wurschtelten uns so durch. Ich im Pyjama. Unser Sofa vollgekotzt mit Milch. Greta recht ausgeglichen. Meistens. Lag auf dem Boden, robbte irgendwann, krabbelte schließlich.

Ein paar Kurse habe ich mit Greta schon besucht. Aber mehr, um eine Struktur in meinem Leben als Mama zu haben und um andere Mütter zu treffen, als um Greta zu fördern. Als so eine Pekip Dame mir sagte, ich müsse die Rassel jetzt so und so halten, damit Greta lerne, sich zu drehen, dachte ich nur: "Affen lernen auch sich zu drehen. Ganz ohne Rasseln und Pekip."  Machte mir ein Kurs keinen Spaß, meldete ich uns ab. Wenn ich schon ein Jahr alleine zu Hause mit meinem Baby sein sollte, wollte ich wenigstens nur Dinge tun, die lustig waren. Nordic Walking mit Baby war lustig. Babyschwimmen auch. Eine Zeit lang zumindest.

Ich habe nie versucht eine Supermama für Greta zu werden. Ich wollte Zeitunglesen, Cappuccino trinken, währenddessen das Baby stillen oder ihm beim Wachsen zugucken und abends Freunde besuchen.
Ganz lange haben mein Freund und ich versucht, alles so zu lassen, wie es vorher war. Nur eben mit Baby. Ging natürlich nicht.
Immer wenn wir alles ganz lässig machen wollten, ging das schief. Der Weekendtrip mit Baby..... Greta schrie die halbe Nacht. Der Einkaufsbummel mit Greta in einer anderen Stadt... mehr nach Still- und Wickelplätzen gesucht, als eingekauft.

Wir lernten, dass doch nicht alles ging. Nicht Coolsein, Weiterfeiern, am Wochenende mal schnell wegfahren und ein Baby haben. Ging nicht. War nur Stress. Greta forderte Veränderungen. Mehr Langsamkeit, mehr Organisation.

Nein, es war kein Eierlegen. Und ich bin froh, dass wir Greta nicht mit zwei Jahren bekommen haben. Wir konnten hineinwachsen ins Kinderhaben. Ganz langsam. Manchmal auch schnell.  Wir haben uns angepasst. Greta hat uns gezeigt, wie das ist mit dem Kinderhaben. Sie war ein wunderbares Baby,  aber sie forderte uns auch viel ab. Aber schließlich war sie ja auch ein Kind und kein Ei.

Sonntag, 13. April 2014

Sonntags: 10 von 10

10 gute bzw. schlechte Dinge der Woche:

Diesmal zuerst das Schlechte:

1. Lilli war schlecht drauf, dann richtig krank, dann wieder schlecht drauf.





2. Gretas Kindergärtnerin gefragt, wie ich reagieren soll, wenn Greta mich fragt, warum Jesus Nägel in die Hände geschlagen bekommen hat, und als Antwort bekommen: "Sagen Sie halt einfach: `Die wollten Jesus sehr weh tun.`"
..... Danke!(siehe auch:  Greta und die Religion

3. Im Gruppenraum eine Dornenkrone (war sicher nicht die echte), aufgebahrt auf einem Kissen vor der Osterkerze, gesehen. 

Dann das Gute:

4. Madita von Astrid Lindgren vorgelesen.

5. Neue Gummistiefel gekauft, die Greta glücklich machten




6. Im Blütenschnee gestanden


7. Zweimal Joggen gewesen

8. Ein Radler im Biergarten getrunken

9. Schwimmen gegangen

10. Eine lange Fahrradtour mit Greta im Anhänger gemacht 

Freitag, 11. April 2014

Lilli und die Religion




Lilli ist Buddhist. Man kann sie um 14 Uhr in den Sandkasten setzen und um 18 Uhr wieder herausholen. Um 16 Uhr braucht sie eine Milchflasche. Brei isst sie nicht so gerne, dafür alles andere. Sie stopft Sand in ihren Mund, Steine, Blätter, was halt so rumliegt. Lilli  schaut anderen Kindern zu, krabbelt, erkundet das Loch, das ein anderes Kind gegraben hat. Sie lebt ganz im Jetzt und scheint durch Meditation im Sandkasten (vielleicht eine Abwandlung des japanischen Kare-san-sui) zum inneren Frieden gefunden zu haben.

Heute ist Lilli kein Buddhist. Sie wachte gegen 6 Uhr auf und schrie herum. Schnell! Eine Flasche! Nach der Flasche weinte Lilli wieder. Es war 6.15 Uhr und ich wusste: Schlafen würde ich heute nicht mehr.
Nach dem Anziehen habe ich Lilli in die Manduca gesteckt. So eine Tragehilfe schont den Rücken und man kann auch noch etwas anderes machen, als nur das Baby beruhigen. Nachteil: Lilli wiegt an die zehn Kilo! Aber es gibt so Tage, da müssen Babys getragen werden. Das habe ich von Greta gelernt.

Mein Mann arbeitete. Das Baby und ich waren alleine zu Hause. Ich hatte nichts vor. Aber ich konnte auch nichts machen, denn Greta schrie. Den ganzen Morgen. Ununterbrochen. Irgendwann heulte ich auch. Vor Wut. Aus Verzweiflung und Machtlosigkeit.
Ich packte die Manduca, stopfte Greta hinein und verließ die Wohnung.
"Draußen", dachte ich, "klingt das Gebrüll wenigstens nicht so laut.Und ich werde ihr nichts antun." Ich glaube nicht, dass ich meinem Baby wirklich etwas antun würde, aber wenn so ein kleines Wesen nur brüllt, die ganze Zeit, wird man aggressiv.
Ich ging mit meinem schreienden Baby auf dem Rücken die Straße entlang, als ich hinter mir jemanden rufen hörte: "Dein Baby hat nur eine Socke an!"

"Was ist mir die blöde Socke egal!", rief ich. "Greta schreit seit heute morgen ununterbrochen. Ob sie eine Socke anhat oder nicht, ist mir ehrlich gesagt Wurscht!" Dann drehte ich mich um und sah die Frau hinter mir.
"Oh je!", sagte sie, "deine Tochter kriegt Zähne!"
Sie hatte ein Baby auf dem Rücken und lächelte mich an. Und sie war nicht nur Mama, sondern auch Hebamme, wie sie mir sagte.
"Na ja", meinte ich, "dann bist du ja Expertin." "Expertin?", fragte sie. "Ja, ich kann ein Baby auf die Welt holen, Tipps zum Stillen und zur Babyernährung geben. Und ich weiß ein paar Dinge über Säuglinge. Aber Expertin? Nein. Lene hatte vor einer Woche so einen Tag wie deine heute. Ich würde nicht sagen, dass ich mich da als Expertin gefühlt habe."

Da war jemand, dem war es genauso ergangen, wie mir. Jetzt erst bemerkte ich, dass die Sonne schien. Eigentlich war es ein schöner Tag und Greta heulte mittlerweile auch gar nicht mehr.

Zwei Tage später war der Zahn da.

Von da an steckte ich Greta an schlimmen Tagen in die Manduca und ging mit ihr spazieren. Wenn mein Mann von der Arbeit heimkam, sagte ich: "Greta kriegt einen Zahn! Essen müssen wir uns holen.Vom Thai."

Wir holten öfter Essen vom Thai. Manchmal bekam Greta einen Zahn, manchmal aber auch nicht. Hatte wohl irgendeinen Wachstumsschub. Oder schlechte Laune. Kann ja nicht jeder Buddhist sein.

Obwohl sie schon fast 11 Monate alt ist, hat Lilli noch keinen Zahn. Aber wenn sie sehr viel weint, sagt Greta immer: "Die kriegt wohl wieder einen Zahn!" Und dann holen wir die Manduca.

Ob Lilli diesmal einen Zahn bekommt? Sie schreit jedenfalls. Schon wieder. Mein Mann wickelt sie gerade.
Greta kommt in mein Arbeitszimmer.
"Sie ist ein Satansbraten heute!", sagt sie und freut sich.






Montag, 7. April 2014

Greta und die Religion



Während Lilli natürlich noch nicht groß über Religion nachdenkt, geht Greta seit September in einen katholischen Kindergarten und beginnt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Unsere Kinder sind beide katholisch getauft, haben bisher aber noch nicht viele religiöse Erfahrungen sammeln können, da mein eigener Glaube eher wenig mit der katholischen Kirche zu tun hat.
Na ja, so ganz stimmt das auch nicht. Schließlich bin ich in einem kleinen bayerischen Dorf aufgewachsen und ebenfalls katholisch getauft worden. Zur Kommunion ging ich noch freiwillig und ministriert habe ich auch. Genaugenommen war ich sogar die erste weibliche Ministrantin bei uns im Dorf. Hab dafür gekämpft dabei sein zu dürfen, vorher gab´s sowas nicht: "D` Madln ministriern net!" Es war 1987, ich war neun Jahre alt und diskutierte so lange mit dem örtlichen Kaplan bis er sich für uns stark machte, für die "Madln". Und dann eines schönen Sonntags durfte ich dann so ein Ministrantengewand anziehen und war dabei. Ich war ziemlich religiös als Kind.

Mit 14 habe ich angefangen mich mit Philosophiegeschichte zu beschäftigen. Angefangen Fragen zu stellen. Den Kaplan, der eigentlich sehr nett und aufgeschlossen schien, konnte ich nicht mehr befragen, weil er mittlerweile versetzt worden war. Man hat da so ein paar kinderpornographische Filme auf seinem Rechner gefunden. Das war 1990. Damals noch undenkbar. Bei einem Kaplan!
Heute würde man vielleicht sagen: "Ach, der auch?"

Also stellte ich dem Pfarrer im Firmunterricht meine Fragen. Und er gab kaum befriedigende Antworten. Ich stellte also mehr Fragen, dem Religionslehrer, anderen Pfarrern. Und es gab immer noch kaum Antworten. Und dann wollte ich nicht mehr gefirmt werden. Musste aber. Über dem Pfarrer stand bei uns in der Familie immer noch meine Mama!
Firmen ließ ich mich also aus innerfamiliären Gründen, nicht freiwillig.
Aber innerlich ging ich ins Exil. Wie nannte man es damals im dritten Reich, bei Schriftstellern, die nicht klar Stellung bezogen: "Innere Emigration"?
So etwas in der Art praktiziere ich bis heute. Ich bin ein ziemlich fauler Christ. Glaube an Gott, bin auch noch in der Kirche, gehe aber nie hin. Ärgere mich über den Laden, verändere aber nichts.
Trotzdem wollte ich, dass Greta einen christlichen Kindergarten besucht. Musste nicht katholisch sein, lag in unserer bayerischen Kleinstadt aber dennoch recht nahe. 600 Meter von unserer Haustüre entfernt, um genau zu sein.
Sie soll die christlichen Traditionen wenigstens kennenlernen, davon distanzieren kann sie sich immer noch, später, wenn sie etwas darüber weiß.
Ein Freund von mir, sagte kürzlich, er habe nicht gewollt, dass seine Kinder indoktriniert werden mit dem ganzen katholischen Scheiß. Aber er war dann doch erstaunt, dass sein elfjähriger Sohn, der "Bub" nicht weiß, was Erntedank ist und auch sonst keine Ahnung hat.
Die Bibel halte ich für ein Stück europäische Kultur. Ebenso wie die christlichen Feste. Greta soll das alles kennen lernen. Trotzdem gibt es da natürlich innere Zwiespalte, Grenzen in der religiösen Erziehung meiner Kinder. Ich gehe nicht mit ihnen in die Kirche, außer an Weihnachten und auch da hat es eher nostalgische und rituelle Gründe, wie ich zugeben muss. Gebetet wird mit Greta auch eher selten. Eine Kinderbibel habe ich ihr aber gekauft. Greta wollte wissen, was die Arche Noah ist. Als ich ihr die Bibelgeschichte erzählen wollte, kam ich ins Stocken, schon gleich am Anfang.
Kann ich einer Dreijährigen erzählen, dass Gott die Menschen bestrafen wollte, indem er ihnen die Sintflut schickte? Ich kaufte also die Kinderbibel, hoffte auf Hilfe. Was stand drin: "Als es einmal sehr regnete, wollte Gott Noah und einige Tiere vor der drohenden Flut retten." Vielen Dank! Das hätte ich Greta auch erzählen können.
Zu Beginn der Kindergartenzeit war Greta extrem gläubig. Geradezu beängstigend katholisch. Sie schlug sich mit beiden Fäusten fest auf die Brust, wie ein Büßer, und rief "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geists! Gelobt sei Jesus Christus in Ewigkeit Amen!" Sie betete auch mit Lilli. Die arme Lilli! Greta drückte ihr die Fäuste auf die Brust und schrie:  "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geists! Gelobt sei Jesus Christus in Ewigkeit Amen!" Lilli lag im Gitterbettchen, guckte ein bisschen irritiert und machte dann weiter mit dem, was Babys ebenso machen müssen. Gott sei Dank hörte Greta irgendwann wieder auf mit dem Geißelritual bei sich und Lilli.

Auf dem Heimweg vom Kindergarten klärten Greta und ich, grundlegende religiöse Glaubensinhalte.
"Mama, die Maria kocht doch in der Kinderkrippe."
"Ja, stimmt.", sagte ich. "Die Maria kochte in der Krippe. Aber du gehst ja jetzt in den Kindergarten." "Mama, aber im Kindergarten sagen wir immer Jesus und Maria vor dem Essen."
"Aha," sagte ich.
"Aber das ist dann nicht die Maria aus der Kinderkrippe oder Mama?",  fragte Greta nach einiger Zeit.
"Nein. Das ist nicht die aus der Krippe, Greta."
"Ist das die Maria mit dem Baby, die an manchen Häusern hier in der Stadt hängt, Mama?"
Ich dachte an die vielen Marienbilder und -statuen an den Fassaden in unserer katholischen Stadt und sagte: "Ja, Greta, genau die ist das."

Anfangs ging Greta auch noch sehr gerne mit dem Kindergarten in die Kirche und sie bat mich oft, mit ihr auch mal in die Kirche zu gehen.
Aber es lässt nach. Jetzt schon. "Morgen gehen wir in die Kirche mit dem Kindergarten, Mama! Kann ich zu Hause bleiben? Das ist wangweilig in der Kirche", sagte sie mir letzte Woche.
Sie durfte nicht zu Hause bleiben.
Und dann fand sie es doch ganz schön in der Kirche. "Wir haben ganz viel gesungen", sagte sie erfreut.

Bisher war ich eigentlich ganz froh, dass Greta mit dem Kindergarten in die Kirche geht. Sie soll ihre eigenen religiösen Erfahrungen machen und später selbst entscheiden, was sie glauben will und wie.
Heute morgen wurde mir dann aber doch etwas mulmig zumute. Greta sang ein Kreuzigungslied:

Es stöhnt der Herr von schwerer Last
Sie gönnen ihm nicht Ruhe, Rast
Er weitergehen muss, muss aufstehn,
Den Weg des Kreuzes muss er gehen.

(Für den genauen Wortlaut gebe ich keine Garantie, das ist das, was Greta sich gemerkt hat.)

Dann sah sie mich an und sagte: "Mama, die haben den Jesus aufs Kreuz genagelt. Damit er sterben soll. Mit Nägeln. Warum haben die das gemacht?"

Warum bringen die im Kindergarten meinem Kind so ein Lied bei? Muss man mit drei Jahren so etwas singen können?  Muss man den Kreuzweg wirklich schon kennen? Ich war mit neun noch ganz schön mitgenommen von dieser Geschichte.

Es wird schwierig. Ich wollte mich bisher eigentlich nicht einmischen in Gretas katholische Erziehung. Wollte ihr nicht sagen, was ich von dem ganzen Kreuzigungszeug halte, vom Osterritus. Vom Beichten, vom Opfern und Fasten. Die ganze Kasteiung.  Das priesterliche Zölibat. Wofür? Menschen anderer religiöser Gesinnung wundern sich zu Recht, dass wir ein Kreuz anbeten, auf das ein Mensch genagelt ist. Ein Menschenopfer anbeten.

Irgendwie habe ich den Verdacht, dass die Kinderbibel mir wieder nicht weiterhelfen wird.

Sonntag, 6. April 2014

Sonntags: 10 von 10.

10 gute bzw. schlechte Dinge in dieser Woche

1. Mal wieder Joggen gewesen, weil die Babysitterin Zeit hatte, morgens auf Lilli aufzupassen.




2. Bei gutem Wetter auf dem Spielplatz mit der Mama von Gretas Freundin gequatscht und sehr viel über meinen Perfektionismus gelacht.

3. Lilli dabei zugesehen, wie sie Sand gegessen hat. Zu den besorgten Mitmamas am Spielplatz gesagt: "Ach, die hat nur Hunger"

4. Am Wochenmarkt gewesen und dort Fleisch, Eier, Obst und Pilze gekauft.






5. Mit Greta und Lotta, meiner Freundin und ihren beiden Mädels im Kasperltheater gewesen.




6. Mit Greta Ostereier aufgehangen.



7. Christine Nöstlingers Tagebuch gelesen und mich mit ihr über die ungleiche Arbeitsverteilung von Mann und Frau geärgert.

8. Erfahren, dass mich meine alte Schule ab September nicht braucht. Sie haben genug Deutschlehrer im Moment...
Weihnachten hieß es noch, sie könnten mir schon noch meine alte Stelle geben, aber: "Wie machst du es dann mit den Kindern, wenn sie krank sind und so?"

9. Ziemlich viel darüber nachgedacht, ob ich meine Stelle antrete oder doch ein halbes Jahr warte, bis sie mich besser brauchen können. 

10. Am Freitag so Kopfweh gehabt, dass ich gedacht habe, mir zerspringt der Schädel.



Freitag, 4. April 2014

Das interessiert doch keine Sau!

"Schreib doch mal was Positives über Lilli und Greta", sagt die Oma," die kommen ganz schlecht weg, deine Kinder."
"Das interessiert doch keine Sau, das Positive über meine Kinder", antworte ich und überlege.

Was sollte ich denn Positives schreiben über meine Kinder. Was kann man schreiben, dass nicht nach überstolzer Mama klingt, nach Weichzeichnerblick, nach Mutterkitsch?

"Kinderkriegen ist nichts für Weicheier. Wenn es dich nur einmal anlächelt, dann kriegst du alles wieder zurück", sagt Michael Mittermeier.

Ja, wenn die Kinder einen anlächeln, ist das schön. Schön ist es auch, wenn Lilli im Hochstuhl sitzt und den Kopf ganz schnell hin und her bewegt, die Nase kraus zieht und dann so komisch schnieft, um uns zu unterhalten. Schön ist es, wenn sie ganz müde ist und ihren Kopf an meine Schulter schmiegt. Schön ist es, ihren kleinen kompakten Körper im Schlafsack ganz dicht am eigenen Körper zu spüren. Lillis Geruch nach Milch und Getreide ist besonders schön. Auch nachts, wenn ich zum dritten Mal für sie aufstehe. Dieser Geruch hat etwas ganz Beruhigendes. Etwas von: "Alles wird gut! Auch wenn du sehr sehr müde bist, Mama."

Und wenn Greta sagt:"Mama, ich hab dich ganz lieb", dann ist das schön, ja. Wenn sie ganz laut Pippi Langstrumpf Lieder singt:

Der jüngste und beste Matrose an Bord -
das war der kleine Kalle Theodor
Die Mutter, die weinte: Geh bitte nicht fort
Doch ihn rief die See -
Den Kalle Theodor
Wenn der Sturm in den Wanten pfiff
dann schrie er laut. Ahoi! Ohe!
Hatte kein Heimweh
Denn seine Heimat war jetzt die weite See
Ahoi! Ohe!


Greta kann das ganz herrlich, auf Papas Schultern sitzend, laut und mit viel dramatischem Geschick.

Und dass sie den Anfang vom Pippi Langstrumpf Buch auswendig kann. Dass für sie die Figuren von Astrid Lindgren echt sind und irgendwo bei uns um die Ecke wohnen. "Weißt du die Läusemia hat die schönen roten Schuhe von der Madita ins Feuer geworfen," erzählte Greta am Wochenende der Großmama. Und  auf dem Weg zum Kindergarten sagt sie: "Ich würd gerne mal den Michel besuchen, Mama. In Lönneberga."
Schön war es auch, als Greta gestern sagte, sie fahre so gerne hinten auf meinem Fahrrad, "weil die Haare dann so toll in der Luft fliegen."  "Können wir mal mit dem Fahrrad zur Oma fahren?", fragt sie. "Ich fahr nicht so gerne Auto."
Dass die Oma in München wohne, und dass das 150 km entfernt liegt, sei nicht schlimm. "Dann fahren wir eben auch in der Nacht!"
Und noch netter war es, als sie auf dem Rückweg vom Spielplatz meinte, ich solle doch mal was zaubern. "Zaubern kann ich nicht, Greta", sagte ich. "Dann musst du es lernen, Mama", antwortete meine schlaue kleine Tochter. "Du hast gesagt, man kann alles lernen."

Das alles ist schön mit Kindern. 
Aber das interessiert doch keine Sau! Oder?


Donnerstag, 3. April 2014

Muttertagswünsche



"Zum Muttertag wünsche ich mir einen Fensterputzer", hörte ich heute eine Mama am Spielplatz zu ihrer Freundin sagen.
"So ein Gerät?", frage diese erstaunt.
"Nein. Einen professionellen Fensterputzer. Einen Mann, der meine Fenster putzt."
"Nackt?"

"Nein. Nicht nackt. Einfach nur sauber. Hab seit zwei Jahren nicht mehr Fenster geputzt. Ich will nicht in ein Restaurant, keine Blumen, einfach nur saubere Fenster."

Was wünscht ihr euch zum Muttertag?

Dienstag, 1. April 2014

Von Strohhalmen aus Schokolade, Amerikanern mit Kopfhörern und Löwenkindern




Es stand alles auf dem Poster. Löwenkinder sind temperamentvoll, wollen ihren Kopf durchsetzen und lieben die Aufmerksamkeit eines großen Publikums. Niemand kann sagen, ich wäre nicht frühzeitig gewarnt worden....

Als Greta noch in meinem Bauch war, nahm mich die Arzthelferin in der Frauenarztpraxis mit zu einem großen Poster, auf dem die Charaktereigenschaften der Sternzeichen aufgelistet waren.
"Sehen sie," sagte sie, "ihr Kind wird voraussichtlich am 11. Juli geboren. Das wird ein Krebs."
Ich glaube nicht an Sternzeichen, las mir die Beschreibung des Krebskindes aber durch.
Dann lachte ich und sagte: "Nein. Das Kind in meinem Bauch ist kein Krebs. Zu diesem Kind passt die Beschreibung danach. Das wird ein Löwe."
"Na, da müsste sie aber sehr spät kommen," sagte die Arzthelferin.
Mein Kind kam spät. Ganze zwölf Tage zu spät. Es war ein Löwe.

Greta war ein sehr braves Baby. Eines von denen, die durchschlafen. Meine beste Freundin sagte mir dazu am Telefon: "Ich habe nie geglaubt, dass es sowas gibt, Babys, die durchschlafen. Aber du sagt eigentlich immer die Wahrheit. Das gibt es also doch. Und dafür muss ich dich jetzt leider hassen." Von meiner besten Freundin gehasst, dafür gesegnet mit einem durchschlafenden Kind, kam ich durch die ersten 9 Monate Babyzeit, ohne zu ahnen, was da noch auf mich zukommen würde.
Als aus Greta langsam ein Kind wurde, setzte ich sie in sämtliche Babyschaukeln auf umliegenden Spielplätzen. Es war Frühling, die Luft wurde wärmer und es war herrlich, mein Baby größer werden zu sehen. "Hutsch, heitsch!, " rief mein Mann, ein Österreicher, wenn Greta auf der Schaukel saß. "Heiti, heiti", sagte Greta, sobald wir einen Spielplatz betraten.
Sie liebte es, zu schaukeln. Warf die Arme in den Wind und lachte und lachte und lachte.
Und eines Tages, da weinte mein Baby, als ich es aus der Schaukel ziehen wollte. Weinen sollte mein Baby nicht, darum setzte ich es sofort wieder hinein. "Heiti, heiti".
Beim nächsten Spielplatzbesuch jedoch weinte Greta noch ein bisschen mehr, als das Schaukeln aufhörte. Sie strampelte wild mit den Beinen, ruderte mit den Armen in der Luft und zeigte mir mit aller Kraft, dass sie noch schaukeln wollte. Die Leute sahen schon zu uns herüber."Heiti, heiti." Hauptsache das Baby hört auf, so laut zu weinen.
Beim nächsten Mal war es ein Kampf. Greta schrie so laut, dass alle Mamas, Papa, Omas und Opas und alle Kinder zu uns blickten. Sie strampelte wie wild mit den Beinen und es war kaum noch möglich, sie aus der Schaukel zu ziehen.
Ich schämte mich und begriff.
Diesmal gab es keine zweite Runde. Ich zog mein schreiendes Rumpelstilzchen aus der Schaukel, steckte es in den Kinderwagen und machte mich auf den Heimweg. Umgehend. Und Greta? Hatte sich, kaum, dass wir den Spielplatz verlassen hatten, wieder beruhigt.
Etwa eineinhalb Jahre später der Klassiker. Da gab es mal einen Werbespot mit einem tobenden Kind im Supermarkt. "Kondome schützen", hieß es am Ende. Ich weiß nicht, ob der echt war. Sehr lustig. Fand ich. Damals. Als ich noch kein Kind hatte.
Greta wollte Strohhalme aus Schokolade. "Strohhalme aus Schokolade brauchen wir nicht", sagte ich. "Doch!", sagte Greta. "Nein", sagte ich, "wir haben Strohhalme zu Hause und Schokolade auch."
"Aber ich will Strohhalme aus Schokolade!", rief Greta. Unbeirrt ging ich weiter zur Kasse und legte die Waren auf das Band. "ICH WILL STROHHALME. STROHHALME. AUS. SCHOKOLADE", schrie Greta immer wieder. Während ich weiter Waren aufs Band legte, fragte ich mich, wie es zu dieser Situation kommen konnte.
Immerhin kannte ich den Werbespot. So etwas sollte mir nicht passieren. Betteleien im Supermarkt hatte ich noch nie nachgegeben. Aus Prinzip nicht. Immer an den Werbespot denkend nicht.
Doch während ich noch nachdachte, hatte Greta bereits den Einkaufswagen der Dame vor uns erklommen, krallte sich daran fest und schrie: "ICH WILL STROHHALME. STROHHALME. AUS. SCHOKOLADE".
Hinter mir begannen die Leute zu tuscheln. Die Dame sah mich an. Ihr Blick war eindeutig: "Nehmen sie das schreiende Kind von meinem Einkaufswagen!" Ich versuchte Greta vom Einkaufswagen loszureißen.  "STROHHALME. AUS. SCHOKOLADE", rief sie, und krallte sich am Einkaufwagen fest.
Endlich hatte ich die Dame vor uns von meiner schreienden Tochter befreit, da hatte ich schon das nächste Problem. Die Einkäufe liefen weiter und weiter auf dem Band, das Kind tobte in meinen Armen und die Kassiererin wartete ungeduldig darauf, dass ich bezahlte.
Ich weiß nicht mehr, wie ich es geschafft habe, jedenfalls packte ich trotz tobendem Kind im Arm alles in meine Einkaufstasche, zahlte und bewegte mich schnellstmöglich Richtung Ausgang.
"Nur weg!", dachte ich. Weg von all den starrenden Menschen. An einen Ort, wo Greta wieder zur Ruhe kommen kann. Und ich auch.
Doch kurz vor dem Ausgang drehte ich mich noch einmal um. Ich hörte, wie eine Dame zu einem anderen Kunden sagte: "Diese jungen Eltern sind doch völlig überfordert heutzutage. Keine Konsequenz! Ich hatte vier Kinder. So etwas ist mir nicht passiert!"
Die richtige Entgegnung ist mir in diesem Moment nicht eingefallen. Ich fragte mich nur, was an meinem Verhalten inkonsequent gewesen war.

Später, als mein Kind wieder wie ein Engel aussah und in seinem Bett schlummerte, fiel mir dann eine Antwort ein: "Wenn sie vier Kinder hatten, wird es ihnen sicherlich ein Leichtes sein, dieses hier zu beruhigen."

Die Sache hat natürlich einen Haken. Ich liebe mein Kind und würde es in so einer Situation keiner Fremden in den Arm drücken.

Ich habe dazu gelernt. Nicht, dass ich jetzt wüsste, wie man ein Kind beruhigt, das einen Trotzanfall hat, oder besser noch, wie man Trotzanfälle grundsätzlich verhindert. Nein, das nicht. Meine Freundin muss mich nicht wieder hassen.
Gelernt habe ich, dass ein Trotzanfall bei meiner Tochter 15 Minuten dauert. Man kann beruhigend auf sie einreden. Man kann versuchen, sie dabei zu umarmen, sie festzuhalten. Man kann ihr drohen. Oder man macht nichts. Ganz egal. Das Ganze dauert 15 Minuten. Es ist wie ein Gewitter. Ein Trotzanfall deutet sich durch kleine Vorzeichen an. Er kommt. Er dauert 15 Minuten. Es geht vorbei. Und dann ist wieder alles so, als wäre nie etwas gewesen. Am kräfteschonendsten ist es, als Mutter nichts zu tun außer zu verhindern, dass das Kind sich selbst verletzt.
Mitten in der Stadt hat es sich bewährt, Greta während eines Trotzanfalls auf ein Fenstersims zu setzen. Sie kann dann nicht in ein Auto laufen. Und vor gutmeinenden alten Damen ist das Fenstersims  auch ein gewisser Schutz. Wenn Greta auf einem Fensterbrett herumtobt, sieht das so lustig aus, dass die Damen meist einfach nur lächeln und an uns vorbeigehen. Die beste Reaktion übrigens: "Nicht stehenbleiben. Nicht gucken. Einfach vorbeigehen." Bitte liebe Leser, geht das nächste Mal einfach weiter, wenn ihr uns seht!
Leider gibt es nicht überall in der Stadt Fensterbretter in geeigneter Höhe. Als Greta letztens ein ganz und gar falsches Eis von mir gekauft bekam, war kein Fensterbrett in der Nähe. Dafür zwei Straßencafes nebeneinander. Voll besetzt, bei strahlendem Sonnenschein. Davor: ein großer Platz. Auf dem Platz: eine Touristengruppe. Amerikaner, die mit Kopfhörern auf ihren Ohren durch unsere kleine Stadt geführt werden.
Es war perfekt. Meine Tochter hat ein Gespür für so etwas. Das perfekte Publikum. Die perfekte Bühne.
"Mein Eis geht nicht", sagte Greta und blickte mich traurig an.  "Was ist denn los, mit deinem Eis?", fragte ich. Die Sonne schien, ich war bester Laune. Was sollte auch los sein mit einem Eis?
"Mein Eis geht nicht bis zum Boden. Ich will ein neues Eis", weinte Greta.
"Bis zum Boden?", fragte ich Greta und ging auf Augenhöhe meines Kindes. Völlig verzweifelt ob meiner Begriffsstutzigkeit, zeigte mir Greta die Waffel und die kleine Kugel Eis darin. Jetzt verstand ich. Greta fand, dass zu wenig Eis in ihrer Waffel war. "Oh", rief ich, "dein Eis geht nicht bis zum Boden. Na dann iss erst mal das Eis und wenn es dann wirklich zu wenig ist, dann kaufen wir halt noch eins."
Das hilft. Wenn mein Kind Sorge hat, das Essen könne nicht reichen, muss man nur ankündigen, es gäbe noch Nachschub, dann isst es und hat anschließend keinen Hunger mehr.

Diesmal half es nicht.
"Mein Eis geht nicht!", rief Greta wieder. Laut. Und jetzt war mir klar, dass die ersten Gewitterregentropfen schon gefallen waren. "MEIN EIS GEHT NICHT BIS ZUM BODEN. ICH WILL EIN NEUES EIS!"
Das Gewitter hatte begonnen. Ich atmete tief durch und versuchte alle Blicke zu ignorieren. Die Mütter mit den fröhlichen Kindern im Cafe, die Studenten, die älteren Damen mit den kleinen Hunden, die Herren, die genervt von ihrer Zeitung aufblickten. Die Amerikaner, die trotz ihrer Kopfhörer auf den Ohren, mein Kind zu bemerken schienen. Ich wusste, es war kein guter Ort für das, was folgen würde. Nicht für mich.
Und ich wusste, es würde 15 Minuten dauern. Dann wäre es vorbei.
Ich irrte.
Greta tobte 15 Minuten lang vor allen Müttern, Studenten, älteren Damen, Herren mit Zeitungen und Amerikanern. Das Publikum schien begeistert zu sein. Alle blickten auf Greta. Und obwohl keiner Eintritt gezahlt hatte, gab  Greta eine Extravorstellung. Mit Zugabe. Nach weiteren fünf Minuten Tobsuchtsanfall, nahm ich endlich mein Kind auf den Arm und trug es um die Ecke. "Wenigstens weniger Publikum", dachte ich.

Vielleicht sollte ich beginnen, mich mit Astrologie zu beschäftigen.