Freitag, 18. Juli 2014

Hilfe! Wir feiern Kindergeburtstag!


"Du wirst drei Jahre alt, also darfst du drei Kinder zu deinem Geburtstag einladen, Greta!", sagte ich letztes Jahr zu meiner älteren Tochter. "Gut, dann sollen Martina, Nora und Tilda kommen", sagte Greta. Martina ist meine Cousine. Sie ist 38. Wenn Greta meine Cousine und deren Töchter Nora und Tilda einladen wollte, dann war mir das nur recht. Leichter ging es für mich wohl nicht.

Dieses Jahr ist alles anders. Greta ist schließlich ein Kindergartenkind. Kindergartenkinder planen ihren Geburtstag unaufhörlich, das ganze Jahr lang.

Ist meine Tochter mit einem Kind böse, ruft sie laut: "Dich lad ich nicht zu meinem Geburtstag ein!"
Das ist Höchststrafe unter Kindergartenkindern. Schlimmer gehts nicht.
Oft ruft dann das andere Kind zurück: "Ich dich auch nicht." Und dann kommt irgendwann ein "Bäh, bäh!" und dann sind beide Kinder traurig.
Wenn beide lange genug traurig waren, wird wieder gespielt und alles ist wieder gut. Kindergeburtstagseinladung inklusive. Erwachsene sollten vielleicht auch so streiten, denke ich manchmal. Irgendwie dauert bei uns die Versöhnung oft länger und ist auch komplizierter.

Ist Greta sauer auf mich, schreit sie auch ganz laut: "Dann lade ich dich eben nicht zu meinem Kindergeburtstag ein!" oder, wie sie meint, noch schlimmer: "Ich feier meinen Geburtstag im Kindergarten und du darfst nicht mitfeiern, Mama!"

Wie oft habe ich gedacht, dass das eigentlich ganz ideal wäre, wenn Greta mich nicht einladen würde zu ihrem Kindergeburtstag. Ich hasse Kindergeburtstage ebenso sehr wie Kuchen backen. Und für so einen Kindergeburtstag muss man ganz schön viel Kuchen backen.

Niemand hat gesagt, dass man so viel Kuchen backen muss, wenn man ein Kind hat. Hab wahrscheinlich die Jobbeschreibung fürs Mamasein nicht richtig gelesen.
Für Gretas 4. Geburtstag brauche ich sage und schreibe VIER Kuchen. VIER!

Bin ich eine Kuchenmaschine? Zwei Kuchen müssen wir in den Kindergarten mitbringen, damit alle 25 Kinder und die drei Erzieherinnen feiern können. Und dann brauchen wir noch einen Kuchen für den Geburtstag zu Hause (zum Kerzenausblasen und für den Großelternbesuch am Nachmittag). Ach ja, und einen natürlich noch für den Kindergeburtstag, der an einem anderen Tag statt finden soll, damit nicht alles zu viel wird für Greta. (Und damit ist jetzt nicht der Kuchen gemeint.)

Ich hab Angst vorm Kindergeburtstag.

Das Kuchenproblem habe ich soweit ganz gut gelöst. Zwei Backmischungen, wohlgemerkt Biobackmischungen (für die ernährungsbewussten Leser) stehen schon im Schrank und zwei Kuchen habe ich bei Eismann bestellt. Schokokuchen... etwas anderes kommt für Greta nicht in Frage.

So, bleibt noch die Geburtstagsfeier. 
Diesmal habe ich Greta gesagt, sie dürfe vier Kinder einladen. Greta änderte jedoch ständig die Liste dieser vier Freundinnen. Plötzlich durfte nicht einmal mehr eine ihrer drei besten Freundinnen kommen.

"Aber, Greta, warum darf jetzt die Nele nicht mehr zu deinem Geburtstag kommen? Du warst doch auch bei ihrem Geburtstag und du magst die Nele doch so gerne", sagte ich überrascht.

"Weil die Lisa sonst weint!", entgegnete Greta entrüstet, "Nele kommt einfach nächstes Jahr, hat sie gesagt, die weint nicht. Aber die Lisa, die muss ich unbedingt einladen, sonst weint sie. Hat sie gesagt!"

Die kleine Nele ist ein ganz liebes Mädchen. Geschwisterkind. Zweites Kind. Weint nicht so viel. Versteht, dass man manchmal auch warten muss, damit jemand anderer nicht traurig ist. Ziemlich viel emotionale Kompetenz für eine Vierjährige (eben erst vier geworden!), finde ich. Und die Nele sollte unbedingt eingeladen werden. Sie spielt so schön mit Greta und die beiden mögen sich wirklich.

Irgendwann wurde mir klar, dass Greta sich in einer Zwickmühle befand. Vier Kinder einladen stellte sie vor ein unlösbares Problem. Schließlich gibt es genau sechs gleichaltrige Mädchen in ihrer Kindergartengruppe, Greta inklusive. Wenn ich ihr erlaubte, vier Kinder einzuladen, war immer eines der Mädchen sauer auf sie, oder es drohte eben zu weinen.
Kein Wunder, dass Greta ständig ihre Liste änderte!

Also gut, Fehler eingesehen. Das Kind darf ausnahmsweise fünf Kinder einladen, auch wenn es erst vier wird.

Zum Glück hat schon eines der Kinder abgesagt. Lisa. Wird nicht weinen, da eingeladen, kann aber nicht kommen. Gut. Eins weniger, das auf Gretas Kindergeburtstag weinen wird.

Ich bin Lehrerin. Ich habe keine Probleme sechzig Fünftklässler zu beaufsichtigen, oder mit ihnen eine Wanderung zu machen, oder irgendwo draußen mit ihnen im Park zu spielen.
Aber: Ich habe Angst vor dem Kindergeburtstag meiner Tochter. Fünf Vierjährige.
Das finde ich völlig unberechenbar. Da weint dann plötzlich eins, weil die Sauce zu den Nudeln falsch ist, oder weil es bei einem Spiel nicht mitmachen will. Schlimmstenfalls aber dreht meine eigene Tochter einfach durch, weil ihr alles zu viel wird und weil sie so aufgeregt ist. Hilfe!
Wir feiern Kindergeburtstag!

Mittwoch, 9. Juli 2014

Vergleiche

Ich hab als Kind schon keine Wettbewerbe gemocht. Das war mir zuviel Druck. Also habe ich gar nicht erst mitgemacht. War entspannter. Ich war immer schon einer sehr gute Schwimmerin, aber an den Wettbewerben meines Vereins wollte ich nicht teilnehmen. Also hat mich der Verein nicht weiter gefördert. Irgendwann blieb ich in immer der gleichen Gruppe hängen, obwohl ich längst besser schwamm als die anderen Kinder. War mir egal. Fast egal zumindest.

Unter den Müttern am Spielplatz herrscht ein unglaublicher Wettbewerb. Das fängt schon bei den Klamotten für die Kinder an: "Oh, das ist aber eine schöne Hose, die deine Tochter da trägt!", sage ich. "Ach die, die habe ich gebraucht gekauft!", ist dann oft die Antwort. 
Gebraucht gekauft und schön ist das absolut Beste, was so eine Mutter klamottentechnisch leisten kann. Nicht nur, dass die Hose wunderschön ist, nein, sie wurde auch noch billig von der Mama erjagt. Oft natürlich bei ebay. In stundenlangem Bietmarathon. Oder wirklich im Secondhand, nach unzähligen Besuchen. Oder aber beim Babybasar: im Kampf mit anderen Mamas. Schneller sein. Billiger einkaufen. Schönere Sachen fürs eigene Kind bekommen.

Natürlich hört der Wettbewerb bei den Klamotten nicht auf. Babykurse sind legendäre Orte für Vergleiche aller Art: Was kann dein Kind, was meins?

Mit Greta war ich mal ein paar Stunden in PEKip. "Halt mal die Rassel neben dein Kind, dann dreht sie sich vielleicht", sagte mir die gute PEKip Frau.
"Ach ja", dachte ich, "aber lernen Affen nicht auch sich zur Seite zu drehen. Ganz ohne PEKip und Rasseln an der Seite?"
Was die Bewegung betrifft, so glaube ich, dass die Kinder alles von ganz alleine lernen. In ihrem eigenen Tempo. Zu ihrem eigenen Zeitpunkt. Ohne Rasseln. Ohne PEKip.

Ich bin da nur hingegangen, um andere Mütter kennen zu lernen. Nachdem ich dann feststellte, dass es da nur um die Babys ging und um deren Förderung, bin ich nicht mehr hingegangen. Meine Kinder müssen nicht mit Rasseln zu irgendetwas gebracht werden. Das lernen sie alles. Zu Babykursen gehe ich nur, um entweder selbst Spaß zu haben oder um mein Kind zu unterhalten.
Spaß gemacht hat mir Nordic Walking mit Baby. Ach ja, Greta fand es auch lustig in der Manduca zu sitzen und durch den Wald getragen zu werden.
Spaß gemacht hat meinen Kindern das Babyschwimmen. Ich selbst fand das weniger vergnüglich. Dieses ganze Anundausziehen und im babypi...warmen Wasser rumplantschen... Das habe ich wirklich nur für Greta und Lilli gemacht, die das Wasserplantschen dafür wirklich toll fanden.
Babymassage hab ich mit Greta gemacht. Hat uns beiden gefallen. Ich konnte mit anderen Mamas quatschen und Greta fand die Berührungen schön.

Aber nach der Babyzeit hört die ganze Förderei ja nicht auf. Die richtige Krippe, der richtige Kindergarten, die richtige Grundschule.... Gespräche darüber füllen viele Spielplatznachmittage.

Zweisprachigkeit ist der neue Trend hier in R. Find ich völlig überflüssig. Obwohl ich Englischlehrerin bin. Warum sollen Greta und Lilli in zweisprachige Einrichtungen gehen?
Das, was sie da lernen, können sie, wenn sie älter sind, so leicht und ganz nebenbei aufschnappen, indem ich sie mal ins Ausland schicke.
Jetzt sollen meine Kinder erstmal spielen. Frei spielen. Klettern. Laufen. Singen. Geschichten erfinden und Geschichten hören. Wasserplantschen und matschen. Dreckig werden. Sandburgen bauen und in Pfützen hüpfen.
Pfützen hüpfen und dabei Lieder singen halte ich für sehr förderlich für meine Kinder.