Dienstag, 18. März 2014

Von Profimamas und Amateuren



Sandkasten, Spielzeug, Schaufel, Sand, Urlaub, Plastik

Es gibt Profimamas und Amateurmamas. Profimamas kommen schon schwer bepackt mit ihrer Brut und einigen Taschen zum Spielplatz. Kaum angekommen, werden die Kinder in die eigens dafür mitgebrachte Spielplatzkleidung (Matschhosen, dazu passende strapazierfähige und natürlich dem Wetter angepasste Jacken, gern auch farblich aufeinander abgestimmt bei Geschwistern) gehüllt, dann wird die Tüte mit dem Sandspielzeug neben dem Sandkasten platziert. Die Kinder, Träger klassischer Namen wie Julius und Isabella, erhalten nun ihr Spielzeug, wobei natürlich jedes noch so kleine Förmchen mit den Namen der Kinder versehen ist, damit auch ja nichts verwechselt wird oder verloren geht. Haben die Kinder ein wenig miteinander gespielt, ist selbstverständlich Zeit für einen kleinen gesunden Snack, den die wahren Profis zu Hause vorbereitet haben und der aus selbstgeschnippelten Apfelstückchen, gerne auch ein paar gewaschenen Weintrauben und einigen Karottenschnitzen besteht.
Mein Kind kann da nur große Augen machen oder aber betteln gehen. So bin ich doch tatsächlich der Meinung, dass meine Tochter Greta die 600 Meter zum Spielplatz und die ein bis zwei Stunden, die wir dort verbringen, ohne selbstgeschnippelte Sonstwas aushalten könnte. Greta ist da anderer Meinung. Mit geübtem Blick scannt sie die am Spielplatzrand sitzenden Mamas und erkennt sofort, wenn irgendeine Profimama der obersten Kreisliga eine Tupperbox mit essbarem Inhalt aus ihrer Zaubertasche hervorholt. "Kann ich auch?", ist ihre allererste Frage. Und natürlich kann sie auch was haben. Klar aber auch, dass die Profimama mich mit einem gönnerhaften Blick versieht. Also habe ich meiner Tochter das Betteln verboten, aber sie schafft es mittlerweile so mitleiderregend auf die Tupperboxen zu blicken, dass eine Profimama ihr sofort etwas anbietet. Dann natürlich der obligatorische Seitenblick einer Mama aus der obersten Liga zu mir, offensichtliche Amateurmama.
Meine Kinder sind nie farblich zueinander passend gekleidet. Schlimmer, die Kleidungsstücke für den Spielplatz passen farblich nicht einmal bei einem Kind, ganz zu schweigen davon, dass die Kleidungsstücke der beiden Mädchen, Gretas Schwester heißt Lilli, aufeinander abgestimmt wären. Greta besitzt nur eine einzige Matschhose und die ist rot. Ihre Jacken sind rosa oder rot oder was auch immer, so dass sie entweder aussieht wie ein kleiner Feuerwehrmann oder als wäre ihr Mama farbenblind.
Unser Sandspielzeug ist schon nach der ersten Woche Spielplatz auf etwa die Hälfte des ursprünglichen Volumens geschrumpft. Beschriftet habe ich nämlich gar nichts und aus lauter Angst davor, einer Profimama das rosa Eisschäufelchen wegzunehmen, nehme ich im Zweifel lieber etwas nicht mit. Lustig ist es natürlich, wenn zwei Profimamas aufeinander treffen. Profimamas gehen mit ihren Kindern natürlich rechtzeitig nach Hause und nicht erst, wenn das eine Kind schon völlig übermüdet und rotzverschmiert und trotzig und hungrig ist und dann einen Wutanfall bekommt, wenn die Amateurmama versucht, es von der Rutsche zu ziehen. Und bevor Profimamas nach Hause gehen, sammeln sie noch schnell ihr selbst beschriftetes Sandspielzeug ein. Wehe, zwei Profimamas halten aber die gleiche Eisschaufel für die ihres Kindes.
"Ist das nicht zufällig unsere?"
"Da steht nichts drauf."
"Ja, egal welchen Edding ich nehme, die Farbe geht immer ab. Das ist unsere Eisschaufel."
"Nein, so eine hatten wir dabei. Und ich hab nichts draufgeschrieben. Das ist unsere."
"Aber auf unserer Eisschaufel stand eben auch nichts mehr drauf. Emily, pack bitte schnell diese rosa Eisschaufel ein. Die gehört uns!"
"Nein, die gehört ihnen nicht! Anton, das ist doch unsere Eisschaufel, die die Emily da einfach genommen hat."
So geraten zwei erwachsende Damen mittleren Alters in erbitterte Wortgefechte über rosa Eisschäufelchen. Am liebsten würde man beiden Damen eine große Schaufel geben. Nicht damit der Streit beendet wäre. Aber vielleicht nähme er dann einen interessanten Verlauf.